Der gemeine deutsche Sportfunktionär betont ja seit Jahren, dass Doping abscheulich sei, unfair, unethisch und überhaupt. Das ist natürlich sehr löblich, nur sollten sich die auf Funktionärsebene salbungsvollen Kämpfer für einen sauberen Sport dann auch so verhalten. Tun sie aber nicht. Jüngstes Beispiel – die Schwimm-Europameiserschaften in Berlin. Dort endete der erste Wettkampftag im Becken am Montag traditionell mit den 4 x 100 Meter Freistilstaffeln der Männer und Frauen. Viele waren am Start auch Litauen und Israel zum Beispiel, Deutschland aber nicht, obwohl die Frauen vor zwei Jahren sogar den Titel gewonnen haben. Der Grund: Nicht konkurrenzfähig, keine Meldung.
Das stimmt, nach Britta Steffens Rücktritt und Paul Biedermanns Staffel-Verzicht hätte es tatsächlich nicht für eine Medaille gereicht. Weder bei den Frauen noch bei den Männern. Wer aber ernsthaft gegen den Druck des Dopings angehen will, der muss eben auch Athleten starten lassen, die nicht um eine Medaille kämpfen können. Vor allem bei Heimwettkämpfen und gerade auch in Sportarten, in der es mehr als ein Gerücht ist, dass es ganz nach vorne ohne Chemie eher nicht geht.
Was hätte sich der DSV vergeben, einfach die besten vier der Rangliste schwimmen zu lassen? Nichts, denke ich. Im Gegenteil: Man hätte den Athleten das Gefühl gegeben, auch ohne Medaillenchance würdig für die Nationalmannschaft zu sein. Nur so wird auch eine Anti-Doping-Haltung auf Funktionärsebene glaubhaft. Noch einmal – im Wasser geht ganz vorne mutmaßlich wenig ohne Chemie, die schwimmen jetzt ohne Anzüge schon wieder in dem Bereich, wie vor ein paar Jahren mit.
Zum Schluss zur Einschätzung der Dopinglage im Schwimmsport ein hübscher Satz aus dem Jahr 2013 aus der Süddeutschen Zeitung: „Andrew Pipe, der oberste Dopingjäger des Schwimm-Weltverbandes Fina, wirkt wie ein Polizeidirektor, der glaubt, dass das Verbrechen gar nicht existiert.“
Unsere Funktionäre, die kein Doping und gleichzeitig Spitzenleistungen in belasteten Sportarten fordern, sind auch so drauf.